Int. Händel-Festspiele Göttingen

6 7 „Lorbeer ist ein gutes Kraut Für die Saucenköche; Wers als Kopfbedeckung wünscht, Wisse, daß es steche.“ So dichtete Otto Julius Bierbaum vor knapp 100 Jahren im unnachahmlichen Ton und bringt uns damit direkt in die Themenwelt der diesjährigen Internationalen Händel-Festspiele Göttingen hinein: zu den Lorbeeren, die man erhält, auf denen man sich ausruhen kann oder die in Form des berühmten Kranzes nicht minder berühmte Häupter zieren. Der Echte Lorbeer spielt seit der Antike eine wichtige Rolle in verschiedenen Kulturen und Traditionen. Er gilt als Symbol für Ruhm und Ehre, für Erfolg und Größe, auch für die Künste im Allgemeinen. In der antiken Kultur wurden Lorbeerkränze so zu Insignien des Sieges, der Ehre und der Künste. Nicht nur erfolgreiche Kämpfer erhielten Kränze auf den Kopf, sondern auch Kaiser und herausragende Persönlichkeiten aus dem kulturellen Leben– ein Brauch, der in verschiedenen Bereichen durch die Jahrhunderte zu finden ist. Wo Erfolg und Ruhm sind, da sind freilich auch die Schattenseiten, die Bierbaum ebenso erwähnt – die Abgründe großer Herrscher, die nicht selten zu Tyrannen wurden, oder die Dialektiken von Erfolg und Miss- erfolg, die sich ebenso in der Musikgeschichte und ihrer Schreibung zeigen. Jedem Haupt mit Lorbeerkranz steht ein solches ohne Schmuck entgegen, und zu jedem Lorbeerkranz gibt es nicht nur jene, die ihn tragen, sondern auch jene, die ihn überreichen wollen – Sie, das Publikum. Die Göttinger Händel-Festspiele setzen sich in diesem Jahr mit diesen Ideen auseinander und präsentieren ein buntes Programm rund um Macht und Pracht, Auszeichnungen und auch Schattenseiten, die damit verbunden sind – mit ebenso bekannten wie unbekannteren Namen. Eines jedoch eint alle: Ihre Lorbeeren haben sie sich schon verdient. Im Zentrum stehen die Festspieloper Tamerlano und das Oratorium Solomon, die vielfach mit diesen Themenwelten verbunden sind. Wird die Macht zum Beispiel bei Solomon positiv genutzt, ist ihr Missbrauch bei Tamerlano nicht allzu weit. Unter der Regie von Rosetta Cucchi werden wir mit Sängern wie Lawrence Zazzo als Tamerlano diese Schattenseiten erleben, wie zusammen mit dem NDR Vokalensemble die Weisheit Solomons beim Eröffnungskonzert der Festspiele. Mit Ann Hallenberg als Gaststar komplettiert die Gala die gemeinsamen Konzerte mit dem FestspielOrchester Göttingen. Die Capella de la Torre widmet ihr Kinderkonzert einem der meistgekrönten Häupter: William Shakespeare, der auf zahlreichen Gemälden oder Statuen mit dem Lorbeerkranz ausgezeichnet ist – etwas, was wohl auch Ernst Christian Hesse, dem bedeutenden Gambisten des 17. Jahrhunderts (Konzert mit Los Otros) und Alessandro Scarlatti zuteil werden könnte, an dessen 300. Todestag Mayumi Hirasaki, Christoph Dangel und Kristian Bezuidenhout in einem Konzert erinnern. Und am Ende überreichen wir auch Nicholas McGegan, dem langjährigen Künstlerischen Leiter der Internationalen Händel-Festspiele Göttingen, einen Lorbeerkranz – zu seinem 75. Geburtstag, den wir mit einem Jubiläumskonzert feiern wollen. Herzlich willkommen! Jochen Schäfsmeier George Petrou Geschäftsführender Intendant Künstlerischer Leiter Willkommen · Welcome Lorbeer ist ein gutes Kraut

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